In seinen Werken über das globale Zeitalter entfaltete Ulrich Beck eine Neue Kritische Theorie in kosmopolitischer Absicht. Beck stellt in seiner Theorie einerseits den vorherrschenden methodologischen Nationalismus in den Geistes- und Sozialwissenschaften in Frage und verlässt andererseits auch die Sphäre philosophischer Luftschlösser. Für Beck hat der Kosmopolitismus aufgehört lediglich eine umstrittene Idee und ein Ideal zu sein. In wie auch immer verzerrter Form ist nach Beck der Kosmopolitismus in die Realität vorgedrungen. Kosmopolitismus ist zum wegweisenden Merkmal eines neuen Zeitalters geworden, des Zeitalters der reflexiven Moderne, in welcher der nationale Blick, der unkritisch eine Übereinstimmung von Nation, Territorium, Gesellschaft, Politik und Kultur unterstellt, die neue soziale Realität verfehlt. Diese neue soziale Realität, in der gesellschaftspolitische Aktivitäten und ihre damit verbundenen Risiken die nationalen Grenzen überschreiten, erforschte Beck in seinen Arbeiten zur Kosmopolitisierung.

Kritik am nationalen Blick

Die Idee und das Konzept der Nation unterliegen, so Beck, einer „Epochenillusion“, denn für eine kosmopolitisch gewordene Welt bedarf es dringend eines neuen Standpunkts, von dem aus wir die sozialen und politischen Realitäten unseres Lebens und Handelns erfassen können. Die kosmopolitische Perspektive und die Kritik am nationalen Blick, dass Politik und Gesellschaft nur in Nationalstaaten organisiert werden können, waren zugleich die entscheidenden Voraussetzungen und Resultate in Ulrich Becks Projekt für eine kosmopolitische Wende in der Gesellschafts- und Politiktheorie.

Die kosmopolitische Wende

In seinem Buch „Der kosmopolitische Blick“ (2004) führt Ulrich Beck die entscheidende Unterscheidung zwischen „philosophischem Kosmopolitismus“ und „sozialwissenschaftlichem Kosmopolitismus“ ein. Ersterer bezieht sich auf die normative Dimension des Kosmopolitismus, während letzterer einen deskriptiv analytischen Ansatz beinhaltet, der nicht an nationale Kategorien gebunden ist. Die Schlüsselinnovation von Becks Argumentation ist die Konzeption des Kosmopolitismus als soziologisches Forschungsprogramm. In dieser Perspektive ist Becks Idee von „erzwungener Kosmopolitisierung“ wesentlich, um den Übergang von der Ersten zur reflexiven Zweiten Moderne beschreiben zu können. „Kosmopolitisierung ist ein nichtlinearer, dialektischer Prozeß, in dem das Universelle und das Kontextuelle, das Gleichartige und das Verschiedenartige, das Globale und das Lokale nicht als kulturelle Polaritäten, sondern als zusammenhängende und sich gegenseitig durchdringende Prinzipien zu entschlüsseln sind. Die erfahrbare globale Interdependenz und die Risiken verändern die gesellschaftliche und politische Qualität der Nationalstaatsgesellschaften.“ (Beck 2004: 113)

Beck, Ulrich (2004): Der kosmopolitische Blick oder: Krieg ist Frieden. Frankfurt am Main: Suhrkamp

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